Stories
Potenzialanalyse Berufsbild Gebäudeinformatik

Es gibt noch Luft nach oben. Die neue Ausbildung zum/zur Gebäudeinformatiker:in EFZ ist noch nicht so gut angelaufen wie erhofft. EIT.swiss hat analysiert, woran dies liegen könnte, und Verbesserungsmassnahmen definiert.
Unsere Gebäude werden zunehmend vernetzt, und dafür braucht es Fachleute. Deshalb bietet EIT.swiss seit 2021 die Ausbildung zum/zur Gebäudeinformatiker:in EFZ an. In den Fachrichtungen Planung, Gebäudeautomation sowie Kommunikation und Multimedia erhalten Jugendliche eine vielversprechende Perspektive in einem Berufsfeld, das stark durch die Digitalisierung und smarte Gebäudetechnologien geprägt ist.
Hinter den Erwartungen
Rund 50 Jugendliche starten jährlich in die Ausbildung zum/zur Gebäudeinformatiker/in – weniger als erwartet. Die anfänglichen Erwartungen an eine hohe Nachfrage nach Ausbildungsplätzen wird damit nicht ganz erfüllt. Woran liegt das? Obwohl das Interesse an der Ausbildung vorhanden ist, fehlt es nach wie vor an genügend Betrieben, die Lehrstellen anbieten. Wie kann dies ändern? EIT.swiss hat dazu bei EBP Zürich eine umfangreiche Markt- und Potenzialanalyse in Auftrag gegeben. Seit Juni 2024 liegen die Ergebnisse vor. Wir stellen sie vor und analysieren Lösungsansätze.
Hemmnisse und Chancen: Erkenntnisse aus der Analyse
Wir nehmen es gleich vorweg: Das Ergebnis ist zwiespältig. Während das Interesse der Jugendlichen wie erwähnt vorhanden ist und die meisten Lehrstellen ohne Probleme besetzt werden können, bleibt das Angebot an Ausbildungsplätzen seitens der Betriebe hinter den Möglichkeiten zurück. «Die Branche braucht Zeit, um sich mit den neuen Anforderungen vertraut zu machen», heisst es in der Analyse. Viele Betriebe zeigen sich skeptisch – nicht aus Mangel an Interesse, sondern aufgrund interner Hürden. Sie sehen Hemmnisse bei sich selbst, es fehlen ihnen z. B. die IT-Kenntnisse oder die Berufsbildner, oder ihre Aufträge sind nicht vielfältig genug. Es bestehen auch grosse Unterschiede zwischen den Regionen. Einige Ausbildungsbetriebe gehen zudem von falschen Voraussetzungen aus und haben das Gefühl, dass ein zukünftiger Lernender mindestens BMS-Niveau mitbringen muss, um die Ausbildung erfolgreich zu absolvieren. Auf den letzten Punkt geht die Studie nicht ein, er wird aber in der Praxis oft genannt.
Das Potenzial ist sehr gross
Norbert Büchel, Leiter Berufsbildung EIT.swiss, sagt aus Sicht des Verbandes zur Studie: «Wir sehen ein enormes Potenzial im Bereich Gebäudeinformatik, insbesondere in der Fachrichtung Gebäudeautomation. Die Digitalisierung in Gebäuden und die Vernetzung von Systemen bieten Betrieben neue Geschäftsmöglichkeiten. Wir müssen sie stärker ermutigen, diese Chancen zu ergreifen.»
Genau hier will EIT.swiss ansetzen: Mit Informationskampagnen, Netzwerkanlässen und Coachings sollen Betriebe unterstützt werden, die neuen Marktchancen zu ergreifen und Hemmnisse abzubauen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die vertiefte Zusammenarbeit mit anderen Verbänden. So ist neben EIT.swiss und ICT Berufsbildung Schweiz nun auch Suissetec als Trägerverband in die neue Ausbildung involviert. Eine einheitliche Kommunikation, wie sie auch am letzten Roundtable Gebäudeinformatik im Frühjahr besprochen wurde, ist ebenfalls ein wichtiger Weg, um mehr für den neuen Beruf zu tun.
Alle Fachrichtungen im Plus
Die von EIT.swiss in Auftrag gegebene Potenzialanalyse zeigt klar auf, dass die Fachrichtung Gebäudeautomation das grösste Potenzial bietet. Knapp 80% der 151 Befragten bewerten die Attraktivität dieser Fachrichtung als eher gross oder gross. Auch die Fachrichtung Kommunikation und Multimedia, die den Beruf Telematiker/in ablöst, wird von einer Mehrheit von 64% als eher attraktiv bis sehr attraktiv eingeschätzt. Und auch die Fachrichtung Planung, die als komplexer gilt, wird von rund der Hälfte der Befragten als attraktiv oder sehr attraktiv wahrgenommen. Diese Ergebnisse, bei denen alle Fachrichtungen auf über 50% Zustimmung kommen, sind motivierend und bestätigen das grosse Interesse am neuen Beruf.
Die regionale Entwicklung der Grundbildung zeigt ein gemischtes Bild: Während die Ausbildung in der Deutschschweiz bereits gut angelaufen ist, gibt es in der Westschweiz und im Tessin pro Lehrjahr nur wenige Lernende.
Auf dem richtigen Weg
Trotz der Startschwierigkeiten ist die Zahl von aktuell 205 Lernenden* beachtlich für eine Ausbildung, die erst vor wenigen Jahren eingeführt wurde und bei der sich die Unternehmen zunächst auf neue Herausforderungen einstellen mussten. Erfolgsgeschichten aus der Praxis, wie sie bereits mehrfach im Branchenmagazin eTrends vorgestellt wurden, unterstreichen, dass die Ausbildung funktioniert und Betriebe sowie Lernende von den neuen Möglichkeiten profitieren.
Eine Online-Umfrage bei Betrieben der Elektrobranche ergab, dass vor allem mittlere und grössere Unternehmen Potenzial für Ausbildungsplätze zum/zur Gebäudeinformatiker/in EFZ haben. Doch auch kleinere Betriebe tragen zur Förderung des Berufs bei, Beispiele dafür gibt es genügend.
Vorgeschlagene Massnahmen
Studie und Praxis zeigen: Es gibt noch viel ungenutztes Potenzial, das durch zusätzliche Anstrengungen noch besser ausgeschöpft werden kann. Die Handlungsempfehlungen (Auszug davon siehe unten) aus der Studie bieten hierfür eine wertvolle Orientierung. Ein wichtiger Schritt ist auch die engere Zusammenarbeit mit den Trägerverbänden Suissetec und ICT-Berufsbildung. Ende 2024 fand ein erstes Treffen der Verantwortlichen statt, um gemeinsame Aktivitäten zu besprechen und die Schwerpunkte zu bestimmen. Vor allem in der Fachrichtung Planung sehen die Beteiligten in der Kooperation mit Suissetec grosse Chancen, um Synergien zu nutzen und die Attraktivität dieses Bereichs zu erhöhen.
Betriebe unterstützen
EIT.swiss hat zudem bereits erste Massnahmen umgesetzt. So wurden in verschiedenen Regionen Netzwerkanlässe organisiert, an denen sich Betriebe, insbesondere auch kleinere Unternehmen, über die Anforderungen und Chancen des neuen Berufsfelds informieren konnten. Die Abendveranstaltungen stiessen auf grosses Interesse. Angesprochen wurden vor allem Betriebe, die bereits im Bereich Gebäudeinformatik tätig sind, denn sie haben grosses Potenzial, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, und sie sind es auch, die dringend Fachleute mit entsprechenden Qualifikationen suchen. Nun ist es wichtig, dass sie möglichst bald in «Vorleistung» gehen und Lehrstellen anbieten, um den Markt mit ausreichend Gebäudeinformatiker:innen zu versorgen.
Fazit: Es braucht Engagement und Weitsicht
Die Marktanalyse zeigt: Das Fundament für eine erfolgreiche Ausbildung in der Gebäudeinformatik ist gelegt. Natürlich lief beim Start vor vier Jahren nicht alles reibungslos. Doch jetzt geht es um die Zukunft eines Berufs, von dem alle Beteiligten überzeugt sind. Die ersten Lernenden werden die Grundbildung im Sommer 2025 abschliessen. Das ist ein deutliches Zeichen, dass der Weg stimmt. Gleichzeitig zeigen die Potenzialanalyse von EBP Zürich und die Praxis, dass in einigen Bereichen Anpassungen notwendig sind. EIT.swiss wird gemeinsam mit seinen Bildungspartnern alles daransetzen, das Berufsbild in der Elektrobranche zu stärken. Ziel ist es, Nachwuchs und Lehrbetriebe optimal auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Die Digitalisierung und Vernetzung von Gebäuden eröffnet nicht nur neue Geschäftsmöglichkeiten, sondern kann durch gesteigerte Energieeffizienz und höhere Wertschöpfung langfristig auch wirtschaftlich interessant sein.

Ergänzende Informationen:
Auszug aus der Studie: Warum bildet Ihr Betrieb keine GI aus/ist noch unschlüssig?
- Aufträge nicht passend
- machen nur «klassische» Elektroinstallation
- haben keine geeigneten Berufsbildner
- zu anspruchsvoll, Know-how fehlt
- wissen zu wenig über diese Ausbildung
- Umorganisation, Unschlüssigkeit
Im Rahmen dieser Markt- und Potenzialanalyse, die von EIT.swiss mit Fokus auf die Elektrobranche in Auftrag gegeben wurde, hat EBP die folgenden methodischen Arbeitsschritte durchgeführt.
- Insgesamt 15 Experteninterviews mit ausgewählten Personen der relevanten Stakeholdergruppen
- Online-Umfrage mit insgesamt 189 Antworten aus Betrieben der Elektrobranche. 30% von ihnen bilden bereits Gebäudeinformatiker:innen aus, 66 % nicht, 4 % gaben keine Antwort
- Sammlung marktrelevanter Informationen und Daten, soweit verfügbar
- Aufbereitung und Analyse sämtlicher Gespräche, Daten und Informationen
- Darstellung im Schlussbericht
- Diskussion und Priorisierung der Handlungsempfehlungen in einer Sitzung mit EIT.swiss (Mai 2024)
- Je eine Präsentation beim Vorstand von EIT.swiss im Juni 2024 und bei der B&Q-Kommission Gebäudeinformatik im Oktober 2024
Zusammenfassung der Handlungsempfehlungen aus der Markt und Potentialanalyse
Fokus auf motivierte Betriebe und Regionen mit Potenzial
(CH-FR und CH-DE): Konzentration auf motivierte Betriebe und Regionen mit den besten Entwicklungsmöglichkeiten.
Unterstützung und Information für Ausbildungsbetriebe
Klare Informationen und gezielte Förderung helfen Betrieben, Ausbildungshemmnisse zu überwinden.
Neue Kommunikationswege und stärkere Vernetzung
Innovative Plattformen und Netzwerkanlässe bringen Betriebe gezielt zusammen.
Image- und Marketingkampagnen zur Stärkung des Berufsbilds
Mit gezielten Kampagnen die Vorteile der Gebäudeinformatik für Betriebe und Gesellschaft aufzeigen.
Markt- und Bedürfnisentwicklung fördern
Positionierung des Berufsbild Gebäudeinformatik als zukunftsweisendes Berufsfeld mit grossem Potenzial
*Bundesamt für Statistik 2023 und EIT.swiss November 2024
Autor: René Senn, erschienen im Magazin 01 / 2025
Foto: Michael Donadel (mikadoformat.ch)