Solidarhaftung zur Bekämpfung von Lohnverstössen wirkt präventiv
Der Bundesrat hat am 20. Juni 2018 den Bericht zur Wirksamkeit der Solidarhaftung des Erstunternehmers im Baugewerbe verabschiedet. Der Evaluationsbericht zeigt, dass die Solidarhaftung ihre Ziele erreicht hat: Die Erstunternehmer prüfen ihre Subunternehmer auf Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen bei der Vergabe von Bauarbeiten. Die verstärkte Solidarhaftung führte zu mehr Vorsicht bei der Weitervergabe von Arbeiten und wirkt vor allem präventiv Lohnverstössen auf Schweizer Baustellen entgegen.
Das Parlament hatte die Verstärkung der Solidarhaftung des Erstunternehmers für die Nichteinhaltung der minimalen Lohnund Arbeitsbedingungen durch seine Subunternehmer am 14. Dezember 2012 verabschiedet und den Bundesrat beauftragt, fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten vom 15. Juli 2013 einen Bericht über die Wirksamkeit der Haftungsregelung vorzulegen. Mit der verstärkten Haftung kann der Erstunternehmer zivilrechtlich haftbar gemacht werden, wenn innerhalb einer Vergabekette die in der Schweiz geltenden minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen von einem Subunternehmer nicht eingehalten werden. Der Erstunternehmer kann sich von der Haftung befreien, wenn er sich bei der Vergabe der Arbeiten vom Subunternehmer glaubhaft darlegen lässt, dass dieser die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen einhält.
Solidarhaftung Bestandteil der flankierenden Massnahmen
Die Regelung hat hauptsächlich präventiv gewirkt, wie der Bericht zeigt. Seit der Einführung der verstärkten Solidarhaftung wurden noch keine Gerichtsurteile gefällt, die zu einer Haftung des Erstunternehmers für Lohnverstösse geführt haben. Die Evaluation zeigt, dass eine grosse Mehrheit der befragten Unternehmen die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen durch ihre Subunternehmer bei der Vergabe von Arbeiten überprüft. Aufgrund der drohenden Haftung sind viele Erstunternehmen bei der Auswahl ihrer Subunternehmer vorsichtiger geworden. Obwohl keine konkreten Daten zu Lohnverstössen im Rahmen von Subunternehmerketten verfügbar sind, zeigen die Untersuchungen, dass mit der Solidarhaftung den Lohnverstössen bei Kettenvergaben entgegengewirkt werden konnte. Die Ziele des Parlaments wurden somit erreicht. Der Bundesrat schlägt deshalb dem Parlament die Weiterführung der Solidarhaftung vor.
Die Solidarhaftung ist ein wichtiger Bestandteil der flankierenden Massnahmen (FlaM). Der Bundesrat prüft regelmässig die Wirksamkeit der FlaM und nimmt bei Bedarf gesetzliche Anpassungen sowie Optimierungen im Vollzug vor. So hat er im November 2016 einen Aktionsplan zu Vollzugsverbesserungen verabschiedet und im August 2017 die jährlichen Kontrollzahlen von 27 000 auf 35 000 FlaM-Kontrollen erhöht.
Branchenverbände sollen ihre Mitglieder sensibilisieren
Im Jahre 2013 hatte der Bund in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und den Kantonen Mustervorlagen für die Selbstdeklarationen der Subunternehmer erarbeitet und zentrale Informationen zur Solidarhaftung im Internet zur Verfügung gestellt. Die Verbände der Baubranche haben grosse Anstrengungen unternommen, ihre Mitglieder über die neue Regelung zu informieren. Die Evaluation hat aber auch gezeigt, dass rund 17 Prozent der befragten Unternehmen – davon meist kleine und Mikrounternehmen – noch über keine Kenntnisse der Solidarhaftung verfügen. Der Bundesrat nimmt die Evaluation zum Anlass, die Verbände in der Baubranche aufzurufen, ihre Mitglieder erneut über die Solidarhaftung zu informieren.