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Grundlegende Überarbeitung unumgänglich
Unbemerkt von den Medien hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) am 21. Februar 2024 einen kritischen Bericht über das Eidgenössische Starkstrominspektorate (ESTI) veröffentlicht. Dieser beschränkt sich nicht nur auf finanzielle Fragen, sondern macht klare Aussagen zu weiteren Positionen. Unsere Branche muss sich intensiv mit den anstehenden Pendenzen befassen.
Das ESTI macht einen hervorragenden Job und die Mitarbeitenden tragen mit ihrer gewissenhaften Arbeit zum sicheren Betrieb von Elektroanlagen und zur Minimierung von Elektrounfällen bei. Leider ist sich die Bevölkerung dieser indirekten Dienstleistung nicht bewusst, obwohl jede Person in irgendeiner Form auf ein sicheres Stromnetz zugreift. Genügen die gesetzlichen Grundlagen auch in Zukunft und kann das ESTI seine Aufgaben gezielt abarbeiten?
«Aufgrund der erfolgten Umsetzung der Empfehlungen sieht der Bundesrat keinen Bedarf, weitere Massnahmen einzuleiten. (…)» antwortete der Bundesrat 2019 auf meine Fragen zur Organisation und Unabhängigkeit des ESTI. Auch in einer weiteren Interpellation von Nationalrat Wettstein aus dem Jahr 2021 hält der Bundesrat fest, dass eigentlich alles im grünen Bereich sei und die vom UVEK eingesetzte Koordinationskommission Starkstrominspektorat (KKS) die amtliche Tätigkeit des ESTI überwache. Eigenartigerweise wurde diese Aufsicht nur ein Jahr später direkt dem Bundesamt für Energie (BFE) übertragen und die KKS per 2022 aufgelöst. Der Bundesrat weist in seiner Antwort darauf hin, dass er das BFE beauftragt habe, Optimierungen zu prüfen. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass das Parlament erst kürzlich eine Revision des Elektrizitätsgesetzes verabschiedet habe und eine weitere Überarbeitung des Gesetzes nicht im Vordergrund stehe. Das ist eine faule Antwort, denn die Anpassungen betrafen nur die Zuständigkeit für die Bewilligungen im Zusammenhang mit den Stromnetzen und eine notwendige Anpassung im Bereich des Datenschutzes.
Auch die EFK kommt zu einem ganz anderen Schluss: «Das Elektrizitätsgesetz und die zugehörigen Verordnungen sind reformbedürftig1». Der Bericht der EFK zeigt auf, dass Gesetz und Verordnungen teilweise widersprüchlich sind und eine grundlegende Überarbeitung der gesetzlichen Grundlage unumgänglich ist. Wenig verwunderlich, stammt das Gesetz doch aus dem Jahr 1902 und Solaranlagen oder intelligente Ladestationen für Elektrofahrzeuge dienten dem Gesetzgeber damals kaum als Inspiration.
Aufhorchen lässt eine weitere Passage im Bericht: «Zudem lässt die aktuelle Gesetzeslage Risiken für mögliche Wettbewerbsverzerrungen zu. Netzbetreiber können eigene Unternehmen mit Kontrollarbeiten betrauen1.» und «Die EFK empfiehlt, eine grundlegende Überarbeitung der Rechtsgrundlagen für die Erstellung und den Betrieb von elektrischen Anlagen zu initialisieren1».
Man darf gespannt sein, wer welche Interessen einbringen kann. Seitens des BFE ist man sich endlich bewusst, dass die gesetzlichen Grundlagen nicht mehr zeitgemäss sind und dass Reformbedarf besteht. Es gibt aber weder einen Zeitplan, noch hat eine Konsultation des Departements zur Thematik stattgefunden. Unsere Branche ist gut beraten, nicht abzuwarten, sich klar zu positionieren und sich aktiv einzubringen.
Matthias Samuel Jauslin
ist seit 2015 Mitglied des Nationalrats, Mitglied der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) sowie Mitglied der Geschäftsprüfungskommission (GPK). Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automation tätig ist.