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Wirkliche Veränderungen bleiben aus

Wenn wir die internationalen Klimaziele erreichen wollen, ist das Energiesparen zentral. Wie das gehen könnte, zeigt der Bund in diversen Papieren. Das Sparpotenzial ist riesig. 

Diese grossen Möglichkeiten hat auch das Bundesparlament gesehen. Mit unzähligen Vorstössen und neuen Gesetzen haben wir versucht, das Energiesparpotential auszuschöpfen. Es gibt viele bestehende Regelungen und Subventionen, die diesen Zielen potenziell entgegenstehen. Die ETH Lausanne (EPFL) hat die klimaschädlichen Auswirkungen von Steuervergünstigungen in der Schweiz genauer unter die Lupe genommen. Diese kommt zum Schluss, dass durch die Abschaffung solcher Steuervergünstigungen der CO2-Ausstoss um 6% gesenkt und die Steuereinnahmen um rund 4.6 Milliarden Franken pro Jahr erhöht werden könnten.

Der internationale Flugverkehr profitiert stark von klimawirksamen Steuervergünstigungen, da er von der Mineralölsteuer und der Mehrwertsteuer befreit ist. Eine Abschaffung dieser Steuervergünstigungen würde den CO2-Ausstoss um fast 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren und zusätzliche Steuereinnahmen von 1,4 Milliarden Franken generieren. Die Luftfahrtbranche ist sich einig, dass solche Massnahmen nur international koordiniert möglich sind. Sonst nehmen wir Wettbewerbsnachteile in Kauf. Verständlich, dass sich die Motivation für Veränderungen in Grenzen hält.

Für uns Gewerbler liegen die Erkenntnisse bei der beruflichen Mobilität viel näher. Das Pendeln mit dem Auto erhöht den CO2-Fussadruck. Die Untersuchungen der EPFL zeigen, dass dieser Effekt durch Steuervergünstigungen in Form von diversen Pendlerabzügen klar verstärkt wird und diese Anreize das Verhalten stark beeinflussen. 
Dank einer vollständigen Abschaffung des Pendlerabzugs, sowie der Steuervergünstigungen für Geschäftswagen und Parkplätze am Arbeitsort würde den CO2-Ausstoss um über 600'O0O Tonnen reduzieren und Mehreinnahmen von über 2 Milliarden Franken generieren. Die verschiedenen Pendlerabzüge führen zu einer Subventionierung der Pendler durch die Steuerzahler von durchschnittlich 15 Rappen pro gefahrenem Kilometer, was in etwa den Treibstoffkosten aller Pendlerfahrten entspricht. 

Aufgrund der EPFL-Studie habe ich dem Bundesrat die Frage gestellt, weshalb er die Fehlanreize nicht korrigiert. In seiner Antwort bestätigte dieser, dass die von der EPFL aufgezeigten Massnahmen einen Beitrag zur Versorgungssicherheit der Schweiz, zur Entlastung des Haushaltes und zum Klimaschutz leisten können. Sie müssen aber unter Berücksichtigung aller möglichen Auswirkungen sowie politisch beurteilt werden. Dies geschieht im Rahmen von Gesetzgebungsprojekten. Das Parlament hat den Bundesrat zudem beauftragt, in der laufenden Legislatur eine Energieeffizienzstrategie auszuarbeiten. Wer die politischen Verhältnisse und die Macht der verschiedenen Interessengruppen kennt, wird wie ich zum Schluss kommen, dass echte Veränderungen so ausbleiben. 
 

Matthias Samuel Jauslin
Matthias Samuel Jauslin

ist seit 2015 Mitglied des Nationalrats, Mitglied der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) sowie Mitglied der Geschäftsprüfungskommission (GPK). Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automation tätig ist.