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Von BIM profitieren
Das nächste Projekt wieder mit BIM ausführen? Unbedingt! Warum? Die Antwort liefert das erfolgreiche Praxisbeispiel aus Heimberg, bei dem die Montage der Beleuchtung dank BIM/VDC um ein Vielfaches schneller, einfacher und exakter vonstattenging.
Ueli Wenger, ausgerüstet mit Schutzbrille, Akku-Bohrer und -Schlagbohrmaschine, einem Rollgerüst und einem Tablet, arbeitet sich, mitsamt einem gelben Gerät auf einem Dreibeinstativ, Meter für Meter durch die grosse Halle im Erdgeschoss eines zukünftigen Möbelhauses in Heimberg. Das Gerät auf dem Stativ sieht aus wie eines, das Vermessungsingenieure nutzen und ist ein Rapid Positioning System bzw. Absteck-Gerät. Ueli schaut an die Decke, an die das Gerät einen grünen Laserpunkt projiziert. Dort setzt er seine Schlagbohrmaschine an, bohrt ein Loch, setzt die Lampen-Halterung ein, schraubt sie mit dem Akku-Bohrer fest, klickt die Seilaufhängung ein, fixiert die Höhe für die Tragschiene der Leuchten und tippt dann dreimal auf sein Tablet. Der grüne Punkt springt exakt 1,7 Meter an der Decke weiter, wo Ueli das gleiche Prozedere erneut millimetergenau durchführt. 670-mal wird er das in diesem Erdgeschoss tun. Rund 1200-mal hat er es im 1. und 2. Stock sehr effizient bereits gemacht.
Nun fragen wir uns, welche Technik dahintersteckt und wie das gelbe Gerät einen grünen Punkt an die Decke projizieren kann, wo dann ohne Messen, Spickschnur, Bleistift, Meter oder andere Hilfsmittel millimetergenau ein Loch gebohrt wird. Irgendwie magisch in Anbetracht der Dimensionen der rund 65 Meter langen und 30 Meter breiten Halle, oder?
Der Wille, etwas Neues zu versuchen
Zauberei ist hier jedoch nicht im Spiel, sondern Building Information Modeling (BIM) und Virtual Design and Construction (VDC). Und viel Engagement, Innovationsgeist und der Mut, etwas Neues zu wagen. Das Projekt wurde von ETAVIS Arnold AG ausgeführt, bzw. von ihrem Business Unit Leiter Damian Meichtry, der bei Projektbeginn gerade ein MAS Digitales Bauen an der FHNW absolvierte. Das Projekt gab ihm die Möglichkeit, seine neuen Kenntnisse effizient und zu seinem Vorteil einzusetzen.
Der Start erfolgt am PC
Es genügte ihm nicht mehr, den klassischen 2D-Plan des Elektroingenieurs einfach so zu übernehmen. Deshalb machte er sich daran, den Plan in digital nutzbare Daten zu verwandeln. Als Zauberstab dienten ihm sein PC, seine Maus und sein CAD-Programm. Damit modellierte er, basierend auf den Ursprungsdaten (DWG-File) des Ingenieurs, ein einfaches, aber praktisches 3D-Modell der drei Geschosse des Möbelhauses. Zusätzlich zeichnete er die Hallen-Säulen und weitere relevante Objekte ein und übernahm die wichtigsten Daten aus dem 2D-Plan der Elektroinstallation. Sein Fokus lag auf der Anordnung des Leuchtbandsystems in den drei Geschossen über rund 3500 Laufmeter – um nochmals einen Eindruck der Grösse dieses Projekts zu vermitteln.
Nicht zeichnen, sondern nutzbare Daten erstellen
Da ihm nun das Projekt massstabsgetreu als exaktes 3D-Modell zur Verfügung stand, konnte Damian Meichtry die Montagepunkte für die Installation der Lichtbandleuchten Tecton virtuell designen und konstruieren. Nach einigen Versuchen fand er eine Lösung, bei der ihm das CAD-Programm half, die Aufhängungspunkte auf dem Plan im richtigen Abstand gemäss den Vorgaben des Herstellers teilweise automatisch pro Strang zu definieren und digitalisiert abzuspeichern. Jeder der rund 670 Aufhängungspunkte ist dadurch millimetergenau dokumentiert und im Modell positioniert. Der Unterschied zu einer herkömmlichen Planung liegt also darin, dass die Punkte zum einen automatisch definiert werden konnten und zum anderen nicht mehr «einfach nur Striche» auf einem Stück Papier sind, sondern digitale Daten mit Informationen wie exakten Koordinaten an der Decke, und dies in einem räumlichen Modell.
Export der nutzbaren Daten
Der nächste Schritt bestand darin, die 670 digitalen Datenpunkte aus dem CAD-Programm zu exportieren. Dies geschah mit Hilfe eines Zusatztools, das für die spätere Bearbeitung auf der Baustelle drei zusammenhängende Datensätze exportiert: den 2D-Grundrissplan, das 3D-Modell als IFC-Datei sowie sämtliche Bohrlöcher in Form von Koordinaten in einer eigenen Tabellen-Datei. Diese Files lädt das Programm auf die Daten-Cloud von Etavis Arnold AG, von wo aus die Dateien ins Baustellen-Tablet übertragen werden.
Ab hier übernimmt Ueli Wenger. Zu Beginn der Arbeit in einem Geschoss muss er das Positionierungssystem einmalig einrichten und einmessen. Dies macht er mit Hilfe von sogenannten Referenzpunkten, die exakt im Raum definiert sind und die er immer wieder als Basis für die Einrichtung des Systems verwenden kann. Anhand dieser Referenzpunkte kann das Absteck-Gerät exakt berechnen, wo es steht, bzw. platziert ist, dies in Bezug auf die Länge, die Breite und die Höhe im Raum.
Teamwork Mensch und Digitalisierung
Auf der Baustelle sind das Tablet, das Absteck-Gerät und Ueli ein Team. Das Gerät einmal positioniert, wählt Ueli auf dem CAD-Plan auf dem Tablet einen der vorgängig von Damian Meichtry definierten Aufhängungspunkte an, worauf sich der Kopf des Absteck-Geräts dreht und es das nächste Bohrloch mit einem grünen Laserpunkt äusserst exakt an der Decke markiert. Ist das Loch gebohrt, quittiert Ueli es auf dem Tablet, wodurch es in der Software als erledigt gekennzeichnet wird. In der rund 60 Meter langen Halle stellte Ueli bei einer Referenzmessung eine Abweichung von nur 1,5 cm fest, was eine extrem hohe Genauigkeit darstellt. Eine Kennzeichnung nach der bisherigen Methode mit Spickschnur und Massband wäre für diese Installation sehr viel aufwändiger gewesen. Damian Meichtry musste Ueli Wenger nur zwei Stunden lang in das System einführen, damit dieser es sicher und korrekt bedienen kann. Die beiden stehen seither in regem Austausch, um den ganzen Prozess weiter zu optimieren.
Aufwändigere Arbeitsvorbereitung
Natürlich war die Vorbereitung der digitalen Daten mit Aufwand verbunden. Dieser Aufwand relativiert sich aber wieder durch die höhere Effizienz beim Bohren der Löcher. Die Leuchten können um ein Vielfaches schneller und genauer als mit den bisherigen Methoden installiert werden. Ueli arbeitet dank der Technik, die ihm zur Verfügung steht, mehr oder weniger alleine. Nur zwischendurch wird er von einem Lernenden unterstützt. Mit herkömmlichen Methoden wäre der Personalaufwand um ein Vielfaches grösser. Auch Projektleiter Thomas Bürki hat dank BIM weniger Aufwand in der Betreuung dieser Baustelle. Laut Damian Meichtry ist die Anschaffung des Absteck-Geräts mit dem erfolgreichen Abschluss dieses einen Projekts bereits amortisiert. Die grösste Hürde habe darin gelegen, sich in die Software und die Digitalisierung des Plans einzuarbeiten.
Herantasten an neue Arbeitsweisen
Die Arbeit, die für den Erfolg des Projekts ausschlaggebend war, begann rund ein Jahr vor dessen Beginn. Sie bestand für Damian Meichtry in der Analyse, Evaluation und Beherrschung der Technologien und Tools wie zum Beispiel dem Zusammenspiel von Software und Hardware. Erste Gehversuche mit einem digitalen Modell sammelte Etavis Arnold AG anhand eines selbst kreierten Projekts, dem virtuellen Nachbau des eigenen Sitzungszimmers in Bern. Mit den daraus gewonnen Learnings und der Optimierung bestimmter Punkte sowie weiteren Anwendungen von BIM in der Praxis gelangte Damian Meichtry zum Wissensstand, der es ihm ermöglichte, ein so grosses Projekt wie das Möbelhaus in Heimberg anzugehen. Dabei kamen ihm natürlich sein Studium und der Austausch mit Kollegen aus Architektur und Haustechnik zugute. Aber ihm ist auch klar, wo die Grenzen von BIM liegen: «Der gesamte Prozess und nicht nur die Digitalisierung müssen schlussendlich effizient sein. Zudem möchte ich dabei nicht von anderen abhängig sein.» Dank diesem Vorgehen und dem Mut, etwas Neues zu schaffen und in neue Technologien zu investieren, profitiert das ganze ETAVIS Arnold Team bei der Montage des LED-Lichtbandsystems von einer nie dagewesenen Effizienz. Zudem löst das erfolgreiche Projekt ein Mitdenken in der Firma aus. Das Team hat bereits weitere Ideen, wie es die Vorteile des digitalen Bauens in den anstehenden Projekten für seine Arbeit nutzen könnten. Drei solche Projekte stehen dafür bereits im Fokus, eine spannende Entwicklung, oder? BIM wird also bei Etavis Arnold AG dort, wo es passt, definitiv einen festen Platz in der Umsetzung von Projekten erhalten.