Versorgungssicherheit: Bundesrat richtet ab dem nächsten Winter eine Wasserkraftreserve ein und plant Reserve-Kraftwerke
Der Bundesrat will ab Winter 2022/23 eine Wasserkraftreserve einrichten. Zudem hat er das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beauftragt, die für den Bau und Betrieb von Spitzenlast-Kraftwerken notwendigen Bestimmungen zu erarbeiten. Die Reserve-Kraftwerke sollen für den Fall von ausserordentlichen Knappheitssituationen verfügbar sein und klimaneutral betrieben werden. Weiter wird das UVEK Massnahmen zur Erhöhung der Stromeffizienz vorbereiten.
Der Bundesrat hat das von der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) erarbeitete «Konzept Spitzenlast-Gaskraftwerk» sowie Analysen des Bundesamts für Energie (BFE) zu zusätzlichen, kurzfristig umsetzbaren Stromeffizienzmassnahmen zur Kenntnis genommen. Die Berichte gehen zurück auf seine Sitzungen vom 18. Juni und 13. Oktober 2021. Der Bundesrat hatte damals die ElCom eingeladen, ein «Konzept Spitzenlast-Gaskraftwerk» auszuarbeiten. Weiter hatte er das UVEK beauftragt, eine Analyse des Stromeffizienz-Potenzials bis 2025 durchzuführen. Auslöser waren die Stromimportrisiken für die Schweiz, die sich ab 2025 akzentuieren könnten. Dadurch könnte es in einem worst-case-Szenario mit einem gleichzeitigen Ausfall von grossen Kraftwerken in der Schweiz und im Ausland im Winter während einigen Stunden zu Versorgungsengpässen kommen.
Bundesrat will Wasserkraftreserve und Reserve-Kraftwerke für Ausnahmesituationen
Als erste Versicherungslösung für den Fall von Knappheitssituationen hat der Bundesrat entschieden, bereits auf den Winter 2022/2023 eine Wasserkraftreserve einzurichten. Diese sieht vor, dass Speicherkraftwerksbetreiber gegen Entgelt eine bestimmte Menge Energie zurückbehalten, die bei Bedarf abgerufen werden kann. Die Wasserkraftreserve soll auf dem Verordnungsweg eingeführt und später von der in der laufenden Revision des Stromversorgungsgesetzes vorgesehenen Regelung abgelöst werden.
Gemäss dem Entscheid des Bundesrats wird das UVEK zudem umgehend die Vorbereitungsarbeiten für eine allfällige Ausschreibung von Reserve-Kraftwerken aufnehmen. Dazu gehört die Festlegung der Dimensionierung sowie ein Detailkonzept zur Technologie- und Standortwahl. Dabei sollen bestehende, heute nicht genutzte Infrastrukturen im Fokus stehen und die Bewilligungsfähigkeit aufgrund der kantonalen Gesetzgebungen und kommunalen Zonenplanungen geprüft werden. Diese Reserve-Kraftwerke dienen als zweite Versicherungslösung und sollen die Wasserkraftreserve optimal ergänzen.
Parallel dazu wird das UVEK Gesetzesbestimmungen erarbeiten, die dem Parlament im Rahmen der laufenden Revision des Stromversorgungsgesetzes unterbreitet werden sollen. Die Gesetzesbestimmungen sollen den klimaneutralen Betrieb der Reserve-Kraftwerke gewährleisten, beispielsweise durch den Einsatz von CO2-freien Brennstoffen oder durch Kompensation. Das UVEK wird bis Ende Juni 2022 dem Bundesrat Bericht erstatten über den Stand der Umsetzung im Parlament und in der Verwaltung.
Das UVEK wird die Koordination der beiden Reserven regeln. Die Kosten der beiden Reserven sind von den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern zu tragen.
Konzept Spitzenlast-Gaskraftwerk der ElCom
Der Bundesrat stützt sich bei seinen heutigen Beschlüssen auf das Konzept der ElCom ab. Dieses beinhaltet den gestaffelten Bau von zwei bis drei Gaskraftwerken mit einer Leistung von insgesamt bis zu 1000 Megawatt (MW). Die Gaskraftwerke sollen die Wasserkraftreserve ergänzen. Beide Reserven dürfen nur in Ausnahmesituationen zum Einsatz gelangen, wenn der Strommarkt die Nachfrage zeitweise nicht mehr decken kann, und sie sollen den Strommarkt nicht verzerren.
Die ElCom beziffert die Investitionskosten für die Reserve-Gaskraftwerke auf insgesamt maximal rund 700 bis 900 Millionen Franken. Falls bestehende Anlagen und Infrastrukturen genutzt werden können, könnten die Kosten tiefer liegen. Die Betriebskosten betragen 6 Millionen Franken pro Jahr und die Brennstoffkosten zwischen 138’000 und 243’000 Franken pro produzierte Gigawattstunde (GWh), falls die Gaskraftwerke tatsächlich zum Einsatz kommen.
Bundesrat möchte zusätzliches Stromeffizienzpotenzial rasch erschliessen
Auch die Erhöhung der Stromeffizienz trägt massgeblich zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit bei. Der Bundesrat will deshalb mit verschiedenen Massnahmen Effizienzpotenziale ausschöpfen. Dazu gehört unter anderem die Erhöhung der Fördermittel für den Ersatz von Elektroheizungen oder Auflagen für die Beleuchtung von Zweckbauten. Diese Massnahmen sind mit den Kantonen zu konkretisieren. Zudem sollen die Mindestanforderungen an die Effizienz von verschiedenen elektrischen Geräten erhöht werden.